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Thomas Lansius, Pionier der modernen Rhetorik: Mantissa - Consultationum et Orationum


Thomas Lansius gab 1653 im Verlag Philibert Brunn in Tübingen die Mantissa, Consulationum et Orationum heraus.

1678 wurde das Werk im Verlag Georg Cotta, Tübingen, neu aufgelegt.

Es gehörte zur Standardausstattung des Rhetorikunterrichts in den Adelsschulen Deutschlands.

Nachstehend einige Beispiele für die Erwähnung von Thomas Lansius  in Fachbüchern des 20. und 21. Jahrhunderts als bedeutenden Vertreter der Rhetorikausbildung im 17. Jahrhundert.





1970 (bzw. in einer Neuauflage 2002) untersuchte Wilfried Barner in einem Fachbuch mit dem Titel Barockrhetorik deren geschichtliche Grundlagen. Er beschreibt im Abschnitt 4 die Rhetorik in der Adelserziehung, u.a. in den Ritterakademien, insbesondere auch den Rhetorikunterricht des Thomas Lansius.

Wilfried Barner: Barockrhetorik, Untersuchungen zu ihren geschichtlichen Grundlagen, S 377ff, Tübingen, 1970 und 2002

Barockrhetorik, S 377ff


1997 wurde Thomas Lansius in einem  Fachbuch als bedeutendster Vertreter eines modernen Rhetorikunterrichts im 17. Jahrhundert bezeichnet:

"Als frühes Experiment einer Ritterakademie mit der charakteristischen Verbindung von feudaler Tradition und humanistisch-gelehrtem Habitus läßt das Tübinger Collegium bereits die Tendenz zu einem moderneren, an der politschen Gegenwart orienterten Rhetorikunterricht erkennen. Bedeutendster Vertreter dieser Richtung ist der Jurist Thomas Lansius (1577 bis 1657), der vier Jahrzehnte lang am Collegium Geschichte, Politik und Eloquenz unterrichtete (schon die Kombination mit Politik ist bemerkenswert. Selbst ein weit über Tübingen hinaus bekannter Redner, hat er in seiner Mantissa consultationem et orationum (1656) eine Reihe exemplarischer Übungstexte zusammengestellt, die den Zögling auf möglichst realistische Weise mit typischen Situationen der politischen Praxis konfrontieren, etwa mit einer Kabinettssitzung. Die Mantissa wurde bald auch an anderen Adelsschulen als Lehrbuch eingeführt und hat nach außen hin das Bild der Tübinger Rhetorik im 17. Jahrhundert entscheidend mitgeprägt."

Vivat Caldenbachius! Crusii in Graecis,
Junij et Lansii in Oratoriis, Lotichij
in Poeticâ, Tubingae mensuram adimpleat,
quando Regiomonti non licuit!

Zitiert aus dem Artikel Tübinger Poesie und Eloquenz im 17. Jahrhundert: Christoph Kaldenbach, S 69ff, in: Wilfried Barner: Pioniere, Schulen, Pluralismus: Studien zu Geschichte und Theorie der Literaturwissenschaften, Walter de Gruyter, Tübingen, 1997,  ISBN 3-484-10754-5

Thomas Lansius, Tübinger Poesie und Eloquenz im 17. Jahrhundert, S 79

1998 wird das rhetorische Programm des Collegium Illustre unter dem 1606 neu berufenen Thomas Lansius beispielhaft beschrieben:

Im September 1607 veranstaltete der Rhetorikprofessor und Jurist Lansius am Tübinger Collegium Illustre einen rhetorischen Wettstreit unter seinen Eleven, dessen Thema die Konkurrenz zwischen Gelehrten und Soldaten, zwischen gebildeten Bürgerlichen und dem Adel war. Die von Lansius für diese Kontroverse entworfenen Reden wurden später als Muster für ähnliche rhetorische Übungen veröffentlicht.

p 38ss: Consultatio de praerogativae ceramine, quod est inter milites et literatos, habita Tubingae in: III. Collegio VII Sept. an Chr. MDCVII.

Ronald G. Asch geht in seiner Abhandlung mit dem Titel Bürgertum, Universität und Adel, Eine württembergische Kontroverse des Späthumanismus ausführlich auf diese rhetorische Auseinandersetzung ein.

Die Abhandlung ist Teil des von Klaus Garber unter Mitwirkung von Stefan Anders und Thomas Elsmann bei Walter de Gruyter 1998 herausgegebenen Fachbuches mit dem Titel Stadt und Literatur im deutschen Sprachraum der Frühen Neuzeit, Tübingen, 1998, S 384ff

Bürgertum, Universität und Adel, S 384ff


2008 wird die Mantissa consultationem et orationum neuerlich erwähnt:

"Neben der im tradionellen Gelehrtenschulsystem vernachlässigten Realienbildung widmen sich die ständischen Akademien einer thetorisch-dialektischen Schulung, als deren zentrale Übungsform die u.a. in der Mantissa consultationum et orationum (1656) des Tübinger Collegiums-Professors Thomas Lansius kompilierten Consultationes gelten. Mittels des hier trainierten Argumentationsverfahrens (Problemexposition - Erörterung durch die Schüler - Entscheidung) suchte die rhetorische Ausbildung der zukünftigen politischen Elite sich der Praxis in den fürstlichen Beratungsgremien anzupassen (vgl. Martin Kramer, Rhetorikunterricht und dramatische Struktur. Am Beispiel der consultationes. In: Schöne (Hrsg.), 1976, S 261 bis 274)."

Steffen Ohlendorf: Rhetorische und stilistische Praxis der deutschsprachigen Länder in der Zeit des Barock, in: Ulla Fix, Andreas Gardt, Joachim Knape: Rhetorik und Stilistik/Rhetorics and Stylistics,  ein internationales Handbuch historischer und systematischer Forschung, Halbband 1, Walter de Gruyter, Berlin, 2008, S 413ff, ISBN 978-3-11-0913710-1

Thomas Lansius, Rhetorische und stilistische Praxis der deutschsprachigen Länder in der Zeit des Barock, S 413ff

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